
Ich habe schon mit vielen Klienten gearbeitet. Manche starten durch, andere treten auf der Stelle. Der Unterschied? Es liegt selten am Talent, am Wissen oder an den Erfahrungen. Fast immer liegt es an einer speziellen Fähigkeit: Coachability. Eine Begabung, die Kevin D. Wilde in seinem Buch als "The Leadership Superpower" bezeichnet.
Der Moment, an dem sich diese Fähigkeit manifestiert, kommt meist schon sehr früh im Coaching-Prozess. Menschen kommen zu mir, voller Motivation, sich weiterzuentwickeln, zu wachsen. Und dann, kaum gebe ich einen ehrlichen Impuls oder ein unbequemes Feedback, passiert es: Der Widerstand taucht auf, es gibt Rechtfertigungen, Erklärungen und Ausreden. "Ja, aber..." - und plötzlich ist klar, der größte Hebel ist nicht das Wissen oder die Tools, sondern ob jemand wirklich coachable ist. Mit anderen Worten: Viele Menschen mögen den Gedanken an Veränderung, nicht aber die Veränderung selbst.
Coachability ist ein sperriges Wort für etwas ganz Einfaches und gleichzeitig ziemlich seltenes: die Fähigkeit, sich wirklich coachen zu lassen, ohne sofort in Schockstarre, Rechtfertigungen oder Beleidigtsein zu verfallen. Es bedeutet auch mehr, als nur freundlich zu nicken, wenn jemand Feedback gibt. Es heißt bereit zu sein, sich selbst infrage zu stellen und offen zu sein für neue Sichtweisen. Nicht sofort in die Verteidigung zu gehen und den Mut zu haben, das eigene Verhalten zu reflektieren. Und vor allem bedeutet es, ins Handeln zu kommen, auch wenn es unbequem ist.
Gerade in einer Arbeitswelt, die sich schnell verändert, wird Coachability zu einer unterschätzten Schlüsselkompetenz. In Unternehmen wird oft von „lebenslangem Lernen“ gesprochen – aber was heißt das konkret? Es heißt, dass wir uns selbst immer wieder ein Stück weit verändern müssen, dass wir vor allem unsere blinden Flecken und Muster erkennen und Neues ausprobieren müssen. Das fällt den wenigsten wirklich leicht, denn niemand wird gern mit den eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert (schon gar nicht von einer anderen Person). Die größte Hürde ist oft der innere Besserwisser, dessen Existenz wir nur allzu gerne verleugnen.
Die Menschen, für die das Coaching einen echten Sprung in der persönlichen Weiterentwicklung mit sich bringt, haben fast immer eines gemeinsam: Sie hören zu, ohne sofort zu widersprechen. Sie nehmen Feedback nicht als Angriff, sondern als Einladung, besser zu werden. Sie springen über den eigenen Schatten, auch mal aus einer anderen Perspektive auf sich und die eigenen Handlungen zu schauen. Und sie setzen um. Oft nicht perfekt, manchmal zögerlich, aber sie gehen die ersten Schritte. Diese innere Bereitschaft kann aus einem Coaching eine echte Transformation machen.
Umgekehrt sehe ich auch immer wieder, was passiert, wenn Coachability fehlt: Da stecken Menschen fest, obwohl sie eigentlich alles haben, was sie brauchen – Talent, Wissen, Erfahrung. Aber sie bleiben in ihrer Komfortzone, weil sie sich vor ehrlicher Rückmeldung verschließen. Sie rechtfertigen sich lieber, als zu reflektieren und vor allem wissen sie ohnehin alles schon oder haben das alles schon mal gehört. Dann ist auch das beste Coaching nur ein nettes Gespräch ohne Wirkung. Und wer möchte gerne für oder mit Menschen arbeiten, die alles (besser) wissen, die immer Recht haben und für die jede Gegenrede ein persönlicher Angriff ist?
Menschen, die „coachable“ sind, zeichnen sich nach meiner Erfahrung durch folgende Eigenschaften aus:
- Sie hören mit echtem Interesse zu.
- Sie fragen nach und wollen mehr wissen, statt abzuwehren.
- Sie probieren neue Verhaltensweisen aus, auch wenn es anfangs schwerfällt oder ungewohnt ist.
- Sie wissen, dass sie selbst für ihre eigene Entwicklung verantwortlich sind. (Read that again!)
- Sie betrachten Feedback nicht als Vorwurf, sondern als Impuls.
Die gute Nachricht ist: Coachability ist keine angeborene Zauberkraft, Jeder kann sie trainieren. Du kannst klein anfangen: Höre zu, ohne gleich zu widersprechen. Frage nach, statt innerlich zu schreien „Das stimmt doch gar nicht!“, überlege „Was wäre, wenn wirklich ein Fünkchen Wahrheit dabei ist?“. Bin ich bereit, hinzuhören, wenn mir jemand einen wunden Punkt aufzeigt? Habe ich den Mut, Neues auszuprobieren? Nehme ich Feedback als Geschenk oder nur als Kritik?
Am Ende ist Coachability ein Commitment an dich selbst: dass du nie aufhörst, zu lernen, dass du zulässt, dich immer wieder weiterzuentwickeln indem du Impulse von anderen annimmst und dass du verstehst, dass jeder und jede, der dir ehrliches Feedback gibt, dir hilft, besser zu werden.
Wenn du magst, mach heute einen Mini-Check für den Ego:
- Wie schnell sagst du innerlich „Ja, aber…“, wenn dir jemand Feedback gibt?
- Wie oft fragst du aktiv nach Rückmeldung, ohne vorher eine Entschuldigung zu überlegen?
- Probierst du Dinge aus, selbst wenn du noch nicht weißt, ob alles funktionieren wird?
Wenn du bei diesen Fragen ein leises Unwohlsein verspürst: Herzlichen Glückwunsch! Hier ist dein Startpunkt, eine sehr wichtige Fähigkeit zu entwickeln, deine Coachability. Vielleicht steckt genau darin der erste Schritt zu deinem nächsten Entwicklungssprung.
Am Ende ist Coachability nichts anderes als eine Entscheidung, die du triffst:
höre ich zu, um zu verstehen und mich weiterzuentwickeln oder höre ich zu, um zu antworten.
Wie siehst du das?
Wie coachable bist du – heute?
Wenn du neugierig bist, schreib mir gerne. Ich zeige dir, wie du deine Coachability auf ein neues Level bringen und deinen inneren Besserwisser schonmal früher in den Urlaub schicken kannst.
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